08.09. / Italien-Griechenland-Türkei-Bulgarien-Rumänien/ 6. Tag
So eine Reise ist natürlich auch damit verbunden verrückte Typen zu treffen.
175Kilometer waren es noch bis Bari, ich hatte 11 Stunden Zeit und es ging nur noch 20km bergauf. Wenn du den Finger ziehst, schaffst du die Fähre trotz des Wandertages noch, dachte ich mir.
Kurzes Frühstück und ab in den Sattel. Es fing noch schlimmer an als es am Vorabend endete. Die Straßen die sich gefühlt senkrecht in den Himmel ragten, hatten hier teilweise nicht mehr den Namen ¨Straße¨ verdient. Für die erwähnten ersten 20km gingen etwas über zwei Stunden flöten. :-(. Es war immer noch zu schaffen. Also weiter ging die wilde Jagd nach einem Platz auf der Fähre. Es lief auch eine ganze Weile gut, damit stieg meine Zuversicht wieder um einiges.
Die wilde Hatz ging durch riesige Gebiete mit Weinreben so weit das Auge reichte und Wälder von Olivenbäumen. So etwas hatte ich noch nicht gesehen. Unglaublich.
Als ich gerade voll im Element war sah ich vom weiten ein Objekt näher kommen was wie eine Rikscha aussah. Dachte mir so, dass mir wohl die Hitze einen Streich spielt, es ist nicht alles wahr was du glaubst zu sehen.
Ich hatte diese Erfahrung nach meiner OP zu genüge gemacht. Man gab mir damals alle möglichen Mittelchen um mich nicht ganz ins Koma zu versetzen. Man wollte, dass ich ansprechbar bin aber auch so wenig wie möglich leiden musste. Warum wollte man mich ansprechen? Es kam jeden Tag ein neuer Mist dazu der nicht mehr ging. So sprachen sie mich immer an und wollten, dass ich mal das Bein bewege oder den Mund verzieh..
Das schlimmste in der Zeit war, dass ich Sachen sah die nicht da waren. Konnte ewig nicht drüber reden und hatte damals auch gesagt, dass ich lieber sterben würde als das alles noch einmal mitzumachen. Heute denke ich zum Glück wieder anders. Würde den Kampf gegen die Ewigkeit unter der Erde noch mal antreten.
Durch diese Erfahrung weiß ich wenigstens wie sich einer fühlen muss der voll auf Drogen ist. Du lebst in einer parallelen Welt und bistdir sicher, dass das die Wahrheit ist. Grausig.
Faden verloren. Ach die Rikscha!! Ja, um so näher das Fahrzeug kam um so sicherer wurde ich mir. Als ich dann endlich nahe genug dran war sah ich worum es sich handelte. Nen Typ auf nen Fahrrad zog einen riesigen Hänger hinter sich her. Man, was für ein verrückter Hund.
>>Hey woher kommst du<< fragte ich ihn. Er sagte er sei aus Frankreich und, dass er an der Küste von Marseille, Kroatien und Mazedonien lang geradelt ist. Nun wolle er noch nach Rom und dann zurück in die Heimat. Ich sagte ihm dass ich vor zwei Jahren auch in Marseille mit dem Rad unterwegs war und ich staune, dass er da mit dem Hänger durch ist. >>Hut ab.<< meinte ich .Ja, sagte er >> war anstrengend<< jetzt kann ihn nichts mehr erschrecken. Den Gedanken musste ich leider zerstören. Ich erzählte ihm von den letzten 100km mit Horro-Steigungen von 20% und mehr. Er schaute mich mit großen Augen an. Als ich sagte, dass ich auf vielen Strecken schieben musste, schaute er auf meine Schaltung und meinte, dass ich ja nur wenig Gänge habe. Ich erzählte, dass es elf sind, seine Augen wurden noch größer. Ist wohl davon ausgegangen, dass eine Nabenschaltung nur drei oder sechs Gänge hat. Ich fragte was der Hänger wiegt und wie er zu ihm kam.
Alles was er so bewegen muss wiegt etwa 80 Kilo. Er meinte, dass er ihn alleine gebaut hat und im selben Zuge diese Tour geplant hat. Der Wagen sei zu schwer hat er jetzt beschlossen, es muss was anderes her. Unterwegs hat er viele mit Hänger mit nur einer Achse gesehen. Das hatte es ihm angetan. Ich erzählte warum ich lieber mit vier Taschen fahre und wir sprachen über Vorteile und Nachteile der beiden Arten zu Reisen. Ich glaube, Reisen mit dem Hänger wird er nicht mehr.
Ich wollte mir sein Gefährt noch näher ansehen. Gut verarbeitet und er hatte alles bei, Ersatzräder waren auch da. Aber am besten war, dass er seine Katze die ganze Strecke mit genommen hat. Cool.
Tja, wir mussten beide weiter. Ich hatte eigentlich keine Zeit aber mit solchen Menschen muss man mal etwas länger reden. Ich hoffe, dass er einigermaßen gut durch die Berge kommt.
Nach weiteren zwei Stunden merkte ich langsam, dass ich entweder noch ein paar Kohlen auflegen muss oder die Fähre fährt vor meiner Nase ab. Noch schneller würde bedeuten, dass ich alles gebe was geht und das bei der Hitze. Nee, nee das lass mal. Also zurück schalten und den lieben Gott nen guten Mann sein lassen.
Das erste was ich jetzt umsetzte war Früchte am Straßenrand einsammeln. Äpfel, Beeren, Tomaten, und Weintrauben, alles lecker und es gab auch keinen Durchfall.
Nach 130km suchte ich mir ein Hotel, die letzten 50km machst du morgen in Ruhe, dachte ich mir.
Nen Hotel war schnell gefunden aber der ältere Herr an der Rezeption war schon ne Nummer für sich. Er dachte wenn er lauter spricht verstehe ich seine Sprache besser. Er wurde immer lauter und die Aussprache klang ungeduldig. Er war hier nicht richtig. Leute wie er, sollten nicht mit Ausländern arbeiten oder Englisch lernen. Es gibt nun mal noch mehr Sprachen außer Italienisch und ich versuche schon immer Wörter wie Danke, Bitte, Guten Tag und Tschüß zu lernen. Kommt immer gut an.
Dabei fällt mir ein, dass die Verständigung insgesammt sehr gut ging. Viele Menschen sprechen Englisch und wenn das nicht vorhanden war kamen Hände und Füsse zum Einsatz. Wenn man will und sich aufeinander einläßt geht es. Außerdem ist es wie Tauchen, die Verständigung geht nur über Zeichensprache.
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