16. - 17. Juni / Mongolei

16. Juni / Mongolei / Vorsichtig fahren, schieben, fahren schieben, fahren, schieben, stürzen...

Tschoibalsan, meine letzte große Station, bis dort waren es vom letzten Ort 200 Kilometer, was für ein Ritt....
Egal ich habe danach einen Tag Pause gemacht. Meine Frau, das freche Teil, sagt Männer ab 50 bekommen schneller einen Herzinfarkt. Mehr als frech.... Die Pause war gut, 350 km in zwei Tagen durch die Steppe der Mongolen waren schon nicht ohne. Der Junior ist mit uns förmlich geflogen.
Ok, es ist acht Uhr und ich sitze im Sattel, die Auskunft die ich bekam war in Ulaanbaata, dass bis zur Grenze die Straße ausgebaut ist, auf jeden Fall bis hier. Nur aus diesem Grund bin ich in diese Richtung aufgebrochen. Ich wollte mir nicht beweisen was ich für ein Hecht bin und tagelang mein treues Bike durch den Sand wuchten. Das kostet verdammt viel Kraft und ich muss mir nichts mehr beweisen. Bin ja schon 50.....
Kaum war ich in dem Vorort angekommen, da wechselte der Asphalt in Platten wie früher die Autobahn in Deutschland. Im Osten hatte wir den Mist noch lange nach der Wende.
Ich erinnere mich noch an eine Tour auf der mir wegen dem Sche.... mal die Luft weg blieb. Ich hatte bei meiner alten Jawa damals die Stoßdämpfer so weit gekürzt, dass sie eigentlich gar nicht mehr federten, ein Starrrahmen erfüllte wohl die selbe Funktion. Er hielt alle Teile zusammen, die so ein Ofen zum fahren braucht.
Wie ich so mit 110 km/h über eine dieser hochstehenden Platten abhob und ungefedert auf meiner Wirbelsäule landete, da trieb es mir die Luft aus den Lungen, ich schrie echt kurz auf vor Schmerz. Booh, ich stoppte und sagte meinen Jungs ich komme nach. Hammer, ich war im Arsch, den Rest der Strecke fuhr ich so, dass mich eine alte Frau auf dem Fahrrad überholt hätte. Zum Glück sind Fahrräder auf der Autobahn verboten, wäre das eine Schande gewesen.
Oh Mann, schon nach den ersten hochstehenden Platten viel mir das wieder ein. Und Didi, mein Freund mit dem Toyota auch. Er meinte mal etwas von Straßen in der Mongolei gelesen zu haben, die wie die Ostautobahn sind. Sollte das jetzt echt die nächsten 255 Kilometer so gehen. BITTE NICHT....
Mein Ruf wurde erhört, die Stadt war zu Ende und mit ihr diese Horror-Platten. Ich stoppte und schaute nach ob ich den falschen Weg genommen hatte, ich war vor etwa 50 Metern an einem Abzweig nach rechts weg. Alles war gut, na fast. Die Platten waren weg und mit ihnen jegliche Befestigung der Straße. Oh oh.
Ich will euch nicht auf die Folter spannen, die Straße ist weg, blieb weg, ist weg und bleibt weg.
Die ganze Gegend ändert sich etwas, also eigentlich nicht die Gegend, das sieht alles noch ziemlich so aus wie die letzten 300 km etwa. Flach und kaum Erhebungen. Was vollkommen anders ist, ist die Tatsache, dass hier kaum noch Jurten stehen und Herden, wenn sie da sind, riesengroß sind.
Die Autos, die ich schon im letzten Bericht mit sehr wenig beschrie, sind jetzt schon Mangelware. Die paar die an mir vorbei donnern sind entweder entsetzt, sie schauen zweimal hin oder halten an und fragen ob sie ein Bild machen dürfen. Beim dritten mal musste ich auch mal ein Bild machen, die Frau sprach englisch und übersetze mir was der alte Mann ihr sagte. Er war begeistert und fand mein Rad einfach super. Er musste mal bremsen und die Reifen anfassen. Das machen übrigens alle die hier mal zu meinem Rad kommen. Ein mongolischer Brauch??? He he.
Ich kam kaum voran und es war klar, dass mich die 57 Kilometer bis zum Abend beschäftigen werden.
Ich fuhr, schob, hoppelte, und schob. Der tiefe Sand ist schlimm, ich erkenne ihn mit meinen Augen schlecht und es schiebt sich auch nicht wirklich gut wenn dein ganzes Gepäck fast 60 Kilo hat. Das Rad und die Ausrüstung würden sogar noch gehen, für eine Weltreise haben andere viel mehr Zeug dabei aber 12 Kilo sind an Wasser und Essen dabei und Essen macht gerade mal 3 Kilo aus.
Schlimmer ist, das Waschbrett. Schon in Ägypten habe ich es als grausig empfunden wenn wir mit den Pick-up`s der Tauchbasis über diesen Mist gerollt sind. Entweder du fährst ganz schnell oder kommst nicht vorwärts, in beiden Fällen freut sich die Ausrüstung hinten drauf. Schnell fahren geht mit dem Rad nicht also langsam. Nach 50 Metern steigst du freiwillig ab. Es musste ein anderer Plan her. Ich stellte den Junior an den ¨Straßenrand¨ und schaute mir die Beschaffenheit in Steppe an. Das muss doch gehen, die Mongolen heizen hier mit ihren Motorrädern durch um die Tier zusammen zu treiben. Und das sind einfache chinesische Maschinen, nichts fürs Gelände oder mit viele Kraft.

Probe. Siehe da, du fährst zwar im ersten Gang, aber du fährst. ¨Schön, gutes Fahrrad.¨ kam es laut über meine Lippen. Na und, hier ist kein Schwein, wer soll denken ich habe was am Kopf, und wenn - es ist ja auch so....
Von Zeit zu Zeit musste ich wechseln, die Anstrengung war hoch, und die Piste hatte Anschnitte die so festgefahren waren, dass man gut fahren konnte. Ich musste bloß aufpassen, dass ich mich selbst ermahnte langsam zu fahren, die Überraschung einer Stelle mit weichem Sand kam schnell.
Oh oh oh, zwei-drei-viermal konnte ich mich abfangen, ich landete nicht auf der Seite, zum Glück. Beim fünften Mal reichte es nicht mehr, mein Fuß landete noch auf der Erde aber um das schwere Rad wirklich abzufangen hätte ich nachsetzen müssen. Ist es das Alter oder mein Freund im Kopf, es geht nicht so wie ich will.
Bauz gemacht der Kleene. Ok, du liegst, nichts tut weh, der Junior hat eine Tasche verloren, bitte nichts abgebrochen. Super, alles gut. Oh nein, doch nicht. Die neue Hose im Arsch. Früher hätte ich mehr als laut SCHEIßE gebrüllt - was ändert sich dadurch??
Mein Knie hat nur eine leichte Schramme, gut dass ich nicht die kurzen Hosen an hatte....
Ich wusste der Ort ist bei etwa 56 Kilometer etwas abseits der Straße, sollte er das schon sein.

Ich sah am Horizont schon mindesten 18 Kilometer vorher etwas. Die Straße wurde immer verrückter, es musste die letzten Tage hier geregnet haben. Man hatte neben die drei vorhandenen Spuren noch weitere aufgemacht. Fünf Spuren von denen Sand durch den Wind in die Steppe getragen wurde. Der Boden der vorher noch so ¨toll¨ zum fahren war, der war jetzt zu weich zum radeln. Ich hatte mindestens 40 Meter weiter rüber gemusst.
Das war mir nichts, dort einen Sturz, einer wo was ist, dann sehen dich die schon kaum vorhandenen Autofahrer nicht wirklich gut.
Der Ort kam immer näher, er liegt einige Kilometer weg von der Straße. Ich wollte jetzt nicht der Straße folgen um dann im rechten Winkel in die Steppe einzubiegen. Ab durch die Mitte. Rein ins Feld und strampeln.

Hier waren auch mal wieder die Überbleibsel der vielen Tiere zu sehen die so unterwegs sind. Vor einigen Tagen bin ich immer noch ausgewichen, das Zeug ist Staubtrocken und zerfällt in alle Bestandteile wenn du dran kommst. Und wenn es mal frisch ist siehst du es. Als immer durch durch die Scheiße - Yippi.
Ich wurde wieder übermütig und schon lag ich, wieder die rechte Seite, mit links passiert das nicht. Ich kann auch schlechter auf dem rechten Bein stehen. Das muss ich mal beobachten und notfalls versuchen zu trainieren.
Da lag ich wieder, dieses Mal ist nichts passiert, nichts ab oder kaputt, nur noch dreckige Hände gab es.
Ein Mongole kam mir, als ich fast auf der Zufahrtsstraße war, mit seinem Motorrad entgegen. Ich deutete ihm an, dass ich was zu schlafen suche. Er nickte und zeigte in den Ort.
An der Tankstelle fragte ich noch einmal, die sind meist gut informiert. Die meinten nein. Ich musste auf jeden Fall in den Supermarkt. Wasser ist jetzt erst einmal wichtig, alles andere danach.
Im Supermarkt die gleiche Antwort: ¨Keine Unterkunft. Ich drehte mit den Augen und machte dicke Backen. Die Frau hatte eine Idee. Ein kurzer Anruf, der Laden wurde abgeschlossen und wir liefen los.
Mit einem riesen Palaver kam ein alter Mann mit einer Sonnenbrille und einem Hut auf uns zu. Ihm fehlten einige Zähne, man sah es sehr gut als er beim erzählen immer wieder lachte. Ich verstand kein Wort. Er übernahm mich, ich bedankte mich bei der Frau von dem Minimarkt und wir zogen los. Schon kam uns eine Frau entgegen, auch sie redete gleich los - ich verstehe kein Wort habe ich immer wieder gesagt und auch gelacht. Freundlich.
Man zeigte mir ein Zimmer im Gemeindehaus und auf meine Frage was es kostet kam die Antwort, dass es umgerechnet etwa 7 Euro sind. Es sind vier Betten in dem Raum, waschen passiert über einen kleinen Tank an der Spüle der vorher mit einer Schöpfkelle befüllt wird. Ok, du bist hier im Nichts. Die Unterkunft ist besser als die ein paar Tage zurück, da gab es zwar eine Dusche aber seit ihrer Errichtung wurde sie wohl nur genutzt und nie gereinigt. Hier war alles viel einfacher aber man kümmerte sich darum.
Ich versuchte heraus zu bekommen ob es mit der Straße noch schlimmer wird, ob es auf dem Weg zur Grenze irgendwo Wasser gibt und und. Wir konnten uns nicht verständigen.
Die nette Frau telefonierte und schon zeigte sie mir ich solle ihr folgen. Sie hatte mich doch soweit verstanden, dass ich nach Russland will, Deutscher bin, und wissen wollte ob es unterwegs Wasser gibt. Na nicht schlecht. Wir waren bei einer Frau gelandet die Englisch sprach, Hammer und das sehr gut. Ich erklärte ihr, dass ich zur Grenze will, aber maximal 60 km voran komme, ich würde also vier Tage brauchen. Ich habe aber nur Platz für zwei Tage Wasser, noch mehr noch 12 Kilo Wasser würden den Rahmen sprengen.
Sie erklärte mir, dass die Straße noch schlechter wird, es kommen noch zwei Orte, diese gehen aber von der Straße nur ab, sie liegen weit weg. Irgendwann ist die Straße nur noch sehr sehr schlecht befahrbar. Ich fragte ob dort ein Bus oder Transporte hingehen. Die beiden Frauen unterhielten sich und der Mann der englisch sprechenden sagte auch noch etwas.

Es gibt wohl einen Zug der in dem Ort sogar hält. Cool. Ich fragte gleich ob man da auch das Rad mitnehmen kann. Ich erinnerte mich gleich an Russland und eine Tour in Rumänien. Sie redeten wieder und meinten es geht. Jetzt der kleine Haken: der Zug geht Montag in der Nacht - drei Tage warten.
Ok, ok, egal, ich muss hier irgendwie durch ohne etwas anzufassen, dass ich dann nicht händeln kann....

17. Juni / Mongolei / Ich liege erst einmal auf Eis

Viel gibt es nicht zu berichten. Ich habe noch einmal nachgefragt ob mich jemand zum Zug begleiten kann. Die nette Frau von hier kommt mit hat sie gesagt. Gut jemand der erklären kann was los ist.
Ich hätte auch zurück gekonnt in den letzten Ort wo ich war, da ist mehr los und der Zug startet dort. ABER dort wäre ich alleine auf mich gestellt und man könnte mich dort mit dem Fahrrad leichter weg senden. Hier bin ich schon eine etwas hilflose Person wegen der man auch mal ein Auge zu drücken kann. Wir werden sehen.
Mails beantworten und mit Annett schreiben. Telefonieren geht leider nicht, das Netz ist zu schwach. Schade so kann ich ihre Stimme aber auch hören. Wir senden uns Sprachnachrichten.....

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