18. - 21. Juni / Mongolei- Russland
18. Juni / Mongolei / Warten ist schrecklich
Tja, nun war ich schon den zweiten Tag hier und untätig. Ich besorgte mir wieder was zum trinken und etwas Essen. Die Frau im Supermarkt freute sich, dass ich schon wieder da war.
Ich hatte mir überlegt was ich machen kann das sonst immer zu kurz kommt. Ölwechsel, steht noch nicht an, erst bei 5.000 km wieder. Ahhh, genau. Die Taschen von Ortlieb brauchen auch mal Zuwendung. Man soll die Schrauben der Halterung alle 500 km festziehen. Ja, das wissen die wenigsten, bei Taschen liest man ja auch keine Gebrauchsanweisung, einpacken, anhängen und los. Ich habe schon so oft Schrauben verloren, dass ich mich mit dem Thema mal befasst habe. Ortlieb gibt das so an. Ich habe auch noch keinen weiter getroffen der schon Schrauben verloren hat. Es ist so. Ich habe alle nachgezogen, waren alle fest...
19. Juni / Mongolei / Was denn nun - Plötzlich stand die Polizei im Zimmer
Heute ist es soweit, der Zug fährt um 23:00 Uhr ab. Ich hatte alles mit der netten Frau geklärt die mir das Zimmer gegeben hatte um ordentlich zum Zug zu gelangen.
Heinz Helfgen, er vertreibt mir gerade die Langeweile. Ein ganz tolles Buch, eigentlich sind es zwei. Ich habe sie im Original zu Hause zu stehen. Der Mann ist Anfang der 50ziger Jahre mit seinem Fahrrad um die Welt gefahren, übrigens ein Patria. Das ist das erste Buch was ich zweimal gelesen habe und ich fange gerade ein drittes mal an. Er schreibt einfach herrlich.
Ich saß auf dem Bett und wartete beim Lesen darauf, dass es Mittag wird, ich wollte zum Markt und einkaufen für das Mittag. Nudeln aus dem Becher, besser als nichts.
Ich hörte Schritte, der Raum in dem ich war, lag ganz am Ende des Gangs. Die Stimme des freundlichen Mannes der mich am ersten Tag hier her brachte war zu hören und die eines anderen Mannes. Plötzlich stand ein Polizist in der Tür.
¨Was jetzt?¨ Fragte ich mich... Er schaute sich um und fragte wie ich heiße. Ich sagte Sven und fragte ihn nach seinem Namen, das hatte er wohl nicht erwartet, er stockte kurz. Dann zeigte er auf seine zwei Sterne auf der Schulter und meinte er ist Polizist. Ich sagte ihm, dass ich das sehe aber doch nicht wie er heißt. Er sagte mir seinen Namen, wieder einer den man sich nicht merken kann. Die Namen bestehen teilweise aus drei Silben. Wenn du sie endlich aussprechen kannst dann haste schon wieder vergessen wie der Anfang war. Genau das Richtige für mich und mein Namens Gedächtnis.
Er versuchte sich mit mir zu unterhalten, sein Englisch reichte nicht. Ich hatte ihm ungefähr sagen können was ich so treibe aber er wollte noch mehr wissen. Er sagte mir, dass er später wiederkommen würde und dann bringt er seine Frau mit, die spricht englisch. Ok, bis später dann. Hm, was war das jetzt? Schlimm kann es aber nicht gewesen sein sonst hätte er auch deinen Pass sehen wollen.
Etwa zwei Stunden später standen drei weitere Polizisten mitten im Zimmer. Scheiße - was denn jetzt??
Die drei beachteten mich kaum und hatten Rucksäcke und Gepäck mit. Sie schmissen alles auf die anderen Betten. Jetzt sprachen sie mich an. Ich sagte auf englisch und auch auf deutsch, dass ich nichts verstehe. Einer sprach ganz wenig englisch und wir versuchten es mal. Es wurde nichts.
Ein paar Minuten später kam eine Frau dazu und eine zweite. Alle redeten durcheinander. Ich versuchte weiter zu lesen, es ging nicht. Eine der Frauen sprach mich auf Englisch an. Wir redeten und sie erklärte mir, dass die Polizisten aus Ulaanbaata sind und helfen werden bei den Wahlen die bevorstehen. Sie sind praktisch Aufpasser und hier im Ort gibt es nicht genug Polizei. Es leben gerade einmal 2500 Leute dort, sagte sie. Na dass hier so viele leben hätte ich nicht gedacht.
Ich erzählte ihr von meiner Reise und meiner Krankheit, der eigentliche Grund für die Tour. Sie war sehr interessiert und wollte gleich ein Bild mit mir machen, na da wollten die zwei Polizisten die sich mittlerweile umgezogen hatten auch mit rauf, der dritte war weg gegangen.
Wir sprachen über den Zug und sie meinte, dass es auch gut sein kann, dass er später kommt, das steht immer nicht so fest. Sie telefonierte extra für mich. Der Zug würde erst um 23:30 Uhr fahren bekam sie raus. Oh, noch später, ich machte mir Sorgen wegen der Dunkelheit, es gab keine Laternen nichts, und ich mit dem Fahrrad auf den Sandwegen.
Irgendwann war die Zeit ran, die Polizisten hatten übersetzt bekommen was ich treibe und warum, sie waren interessiert, sehr sogar, aber es scheiterte an der Sprache. Um 22:00 Uhr wollte ja die Frau kommen die mich zum Zug bringen wollte. Aber auf einmal war eine andere Frau da die mich bringen würde, ich dachte es hätte sich etwas geändert. Die Frau gab mir ihr Telefon, sie hatte eine Nummer gewählt, wir konnten uns nicht verständigen. Am anderen Ende war die Frau mit der ich den ganzen Nachmittag geredet hatte. Sie erklärte, dass der Zug später kommt und ich mir keine Sorgen machen muss, ihre Freundin zeigt mir den Weg, ich verstand das alles nicht, was war mit der anderen Frau?
Ich erklärte ihr, dass ich nicht zu spät los will, meine Augen kommen mit dem Licht nicht klar und der Sand ist Horror. Sie sagte sie würde auch noch kommen, so ist jemand da der übersetzen kann. Ich bedankte mich herzlich. Kurz nach 22:00 Uhr ging es los, ich wollte lieber früher los.
Und richtig schon nach 100 Metern musste ich schieben, ich schob hinter dem Auto hinterher. Irgendwann merkten sie, dass ich ganz langsam bin und hielt. Ich erklärte, dass der Sand zu tief ist und ich es auch schlecht sehe bei Nacht. Das Auto fuhr voran und die englisch sprechende Frau und einer der Polizisten liefen mit mir.
Ich schob wie verrückt ich wollte den Zug auf keinen Fall verpassen, und zwei Kilometer bei den Bedingungen sind für mich verdammt weit. Die Frau sagte, ich müsse nicht hetzen, es ist alles gut wir haben Zeit. Am Bahnhof angekommen, musste ich schmunzeln, ein Bahnsteig und ein Minihaus. Wir gingen rein. Ich dachte da ist ein Raum zum warten. War auch, aber du sitzt bei dem Mann der den Ablauf im Auge behält. Es steht eine Bank neben seinem Schreibtisch. Toll.
Der Polizist erzählte und erzählte, ein lustiger Mensch, ich lachte obwohl ich nichts verstand. Von Zeit zu Zeit bekam ich was übersetzt.
Der Zug wurde dann noch einmal 30 Minuten später angekündigt. Kurz vor zwölf gingen wir raus, jetzt sah ich, dass es drei Gleise waren die dort lagen, aber nur am ersten war der Bahnsteig. Der Zug kommt in der Mitte an, sagte man mir, aha. Also den Junior rüber wuchten und schauen was da kommt. Vom Weiten sah man ein Licht immer näher kommen. Gespenstig wenn du voll im Dunkeln zwischen Gleisen stehst und über dir nur der Sternenhimmel ist. Wenn da nicht die anderen gewesen wären die noch mit wollten und meine Begleiter, dann hätte ich gedacht hier ist was nicht richtig.
Der Zug hielt, ein kurzes Gespräch mit der Schaffnerin und der Junior kam in einen extra Gepäckwagen und ich bekam einen Schlafplatz. Den Junior sollte ich an ein Motorrad stellen was da schon stand und der Schaffnerin folgen. Ich lies mir noch schnell die Taschen geben und verabschiedete mich von den dreien. Super herzliche Menschen.
Mit vier Taschen durch den schmalen Gang, rechts und links schliefen Leute, das wurde nichts. Eine Frau die das sah half mir gleich, die Schaffnerin war schon um einiges voraus. Sie suchte ein freies Bett. Gefunden, die Frau die mir half sprach Englisch. Sie übersetzte alles, ich wusste wo ich schlafe und wo meine Sachen hin sollten.
Die Frau die für das Abteil zuständig war wollte mir Bettzeug geben, ich lehnte ab und nahm meinen Schlafsack. Morgen bist du an der Grenze, schnell schlafen und morgen geht es endlich weiter. Mongolen sind wohl mindestens 10 Zentimeter kleiner, ich konnte mich nicht im Bett lang machen.
Na das kann was werden....
20. Juni / Mongolei und Russland / Vom Regen in die Traufe
Regelmäßig hört man davon, dass Züge auf der Strecke angehalten werden um die Passagiere zu retten. Ein ICE ohne Klimaanlage muss wohl etwas schlimmes sein.
Das Fahrrad war im Gepäckwagen, ich im Bett und der Zug fuhr mit einer Geschwindigkeit, dass sich das letzte Jahrhundert geschmeichelt fühlt, dass man es noch einmal bemüht hat. Dieses Bett war zu kurz und wenn ich mich dann irgendwie auf die Seite drehte ohne runter zu fallen dann machte mir die Hitze zu schaffen. Fünfzig Personen in einem Abteil die heizen ordentlich ein, und Wärme steigt nach oben. Irgendwann bin ich einfach mal kurz weg gewesen und wurde erst wieder wach als sich die Sonne langsam an den herunter gezogenen Rollos vorbei mogelte um eine Runde mit uns durch die Steppe zu reisen.
Gegen 7:30 Uhr war es soweit: Wir waren in Ereentsav, dem letzten Ort auf meinem Abstecher in die Mongolei. Ich hatte viele tolle Menschen getroffen aber auch ein wenig die Hoffnung, dass jetzt bald wieder Bäume kommen, ein Baum wo man drunter sitzen kann und den Gedanken einfach folgt.
Auf zur Grenze, da hinten steht ein Wachturm, sieht aus wie im Film. Das Tor stand offen und auf mein Hallo gab es keine Reaktion. Geh durch und du siehst was passiert, die Mongolen werden nicht gleich auf dich schießen. Hinter dem Tor ein Blick nach rechts und links, da saß einer im Schatten. Ich reckte den Daumen hoch und zeigte in Richtung russische Grenze. Er rief mir etwas zu, ich verstand nur Mongolisch. Er kam angerannt. Ich fragte ob ich einfach durch kann. Und er sagte mir, dass das geht, die Russen aber erst um eins die Grenze öffnen. Hammer, ich hatte vorher schon gehört, dass sie um neun aufmachen und mich geärgert über die verlorene Zeit. Ich fragte ihn ob ich trotzdem mal schauen darf.
Alles war gut, die Mongolen kontrollierten alles, und wieder hatte ich das Problem, dass sie etwas wegen meinem Fahrrad sehen wollten, er fragte nach Papieren. Ich erklärte, dass ich keine habe. Einen Nachweis wollte er, für was auch immer. Zum Glück habe ich mir auch bei dem Junior eine Nummer vom ADFC rein machen lassen, so sieht man an meinen Initialen und dem Geburtsdatum, dass ich das Rad nicht erst gekauft habe sonder es mitgebracht habe.
Jetzt noch die Russen: Einer nett der andere noch nicht wach. Na jedenfalls haben sie mich nicht warten lassen, nach und nach trudelten alle ein. Als ich dann fünf Stationen durchlaufen hatte war ich eigentlich fertig. Ich sollte mich auf eine Bank setzen und warten. Nach etwa 15 Minuten kam ein Offizier und bat mich ihm zu folgen. Er fragte mich über mein halbes Leben aus. Letztendlich gab er Ruhe als ich erklärte, dass ich einen Tumor im Kopf habe und mir eine Weltreise geschenkt habe zum 50. Geburtstag.
Auf in die Steppe nach Russland, es sieht hinter der Grenze genauso aus wie bei den Mongolen, man sieht, dass das Gebiet mal zu dem anderen Land gehörte.
Die ersten 50 Meter war die Straße echt noch gut, dann war aus, kaum in Solovyevsk angekommen war ich auch schon wieder draußen. Und somit eine Erfahrung reicher. Es gibt keinen Laden dort wo man was kaufen kann zum trinken. Ich hatte noch 3 1/2 Liter dabei, für 80 Kilometer bis zum nächsten Ort. Eigentlich noch vertretbar, doch nicht bei der Strecke. Sand und Geröll. Nach etwas 10 km fluchte ich, das Waschbrett alle paar Meter sorgte dafür dass die Handgelenke schmerzten.
Der erneute Verlust des unbeschwerten Reisens auf dem Rad war innerhalb weniger Tage schon wieder eingetreten. Doch viel schlimmer war, dass mir das Wasser aus ging. Immer wenn ich nur noch 1 1/2 Liter Flüssigkeit habe halte ich Autos an, es waren alle freundlich zu mir und so war mein Vorrat schnell wieder aufgefüllt.
Zum Dunkelwerden erreichte ich dann auch Borsja. Schon etwas 15 km vorher hörte ich leichtes und schweres MG Feuer. Erst dachte ich da toben sich welche in der Steppe aus. Als dann aber noch das schwere MG dazu kam dachte ich mir, dass ich ja nicht in den USA bin wo jeder alles haben darf. Irgendwann sah ich kleine Hügel in der Steppe, kleine Bunker. Noch ein Stück weiter eine riesige Kaserne, ok Militär. Ich war etwas beruhigt. Am Ortseingang stand ein altes Werbeschild und quer über dieses Stand in englisch ¨Willkommen in der Hölle¨ Na super....
Ein Hotel musste her, ich brauchte eine Dusche. Wenn ich so roch wie ich mich fühlte dann war es mehr als übel. Ich habe vier Tage in dem kleinen mongolischen Ort nicht geduscht und war jetzt auch wieder auf Sandstraßen unterwegs. Zum Glück hatte einige Kilometer vor dem Ort eine Straße eingesetzt sonst wäre ich bei Dunkelheit angekommen.
Das Hotel war mehr ein Hostel und als ich schon dachte ich habe das Zimmer mit den zwei Betten für mich, da klopften sie an meiner Tür, ein Mitbewohner. Ich war schon über den Flur in der Dusche und dachte nur ans schlafen. Von mir aus auch das. Ein paar Minuten wurde noch der Google Übersetzer genutzt und dann war ich weg.....
21. Juni / Russland / Ich will euch nicht langweilen
Um acht Uhr saß ich im Sattel, ich wollte voran kommen, es waren noch 300 km bis zu der Straße die mich nach Wladiwostok bringen soll.
Was soll ich sagen es lief anfangs echt gut, die Taschen waren voll mit Wasser für zwei Tage bei normalen Kilometern von etwa 180 bis 260. Als dann nur wenige Kilometer mich das Waschbrett wieder einholte und der Schotter besonders tief war. Man füllt damit die Löcher auf und die Autofahrer fahren dann den Mist fest. Da sind Faust-und Überfaust große Steine bei die in alle Himmelrichtungen schauend festgefahren. Ich will euch nicht langweilen - aber es war wie schon seit Tagen grausig.
Ich schaffte an dem Tag 55 km und rechnete mir aus, dass ich noch Tage unterwegs bin. Wasser hatte ich für zwei Tage aber es gab Flüsse, die Situation war also viel besser als die in der Mongolei.
Ich hatte einen traumhaft schönen Zeltplatz am Wegesrand gleich in den Bergen.
Zelt aufbauen, Blog schreiben, versuchen Annett zu erreichen (kein Netz) und völlig erschöpft vom schieben und mit 5 km/h corsuchtig fahren, schlief ich ein wie ein kleiner Junge der den ganzen Tag auf dem Abenteuerspielplatz unterwegs war.....
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Kommentar von Gerhard Finster |
Wenn man nur wenige Schritte zum Kühlschrank oder zum Wasserhahn hat macht man sich recht wenig Gedanken darüber wie es einem so allein unterwegs ergeht.
Auch wenn ich keine solchen Strecken wie Du fahre, schaue ich immer danach Abends eine Flasche Wasser für den nächsten Morgen zu haben. Für den ersten Kaffee. Nach abbau des Lagers wird Kaffee gekocht☕️. Sonst kann ich den Tag vergessen.
Antwort von Sven Marx
Ich bin so glücklich, dass ich keinen Kaffee brauche, dein Problem haben ja viele Menschen.
Ja man denkt über das gut Wasser wenig nach - es ist ja genug da denken wir. Nein ist es nicht. Man sollte den Wasserhahn beim duschen oder Zähneputzen ruhig mal ausmachen wenn man das Wasser gerade nicht braucht. Unsere Reserven schrumpfen täglich.
Kommentar von Chris |
Danke für den Beitrag und die tollen Bilder. Sieht so aus, als ob es Dir gut geht und du tolle Sachen erlebst. Wir grüßen Dich ganz herzlich und wünschen Dir alles Gute. ChrisSy
Antwort von Sven Marx
Na ihr beeden,
Ja hören ist alles super fühle mich wohl. Freue mich, dass ihr so fleißig bei mir seid.
Grüße nach Berlin
Icke