19. & 20. Mai / Inklusion braucht Aktion Tour 2016 / Russland / Durch die Ausläufer des Uralgebirges – Ich liege in der Zeit
Vorgestern war ich mir noch sicher, dass ich gerade durch die Ausläufer des Uralgebirges fahre. Gestern war klar, dass ich nur durch die Ausläufer der Ausläufer geradelt bin. Es geht also noch besser. Oh Mann, muss das sein. Naja, die ersten drei Tage komme ich ja so und so immer schlecht in Tritt, es liegt bestimmt daran.
Die Autofahrer, speziell die LKW Fahrer, nehmen voll Rücksicht, angenehm, bei den Mengen von Kraftfahrzeugen. Ich frage mich immer wo die alle hin wollen. Zwischen den Städten Perm und Ekaterinburg liegen gut 380 km. Fährt man hier wirklich einfach mal so in eine Richtung, zu tausenden.
Der Zustand der Straßen ist anders als angenommen, ja, es gibt Schlaglöcher, die gibt es bei uns nach dem Winter aber auch zu Hauf. Der Randstreifen ist etwas schmal, etwa 50 cm. Eigentlich ist er viel breiten mindesten drei Meter, aber aus Sand. Der Boden hier ist ganz komisch, wenn er mal nass war und dann trocknet ist er wie Beton. Wenn die LKW irgendwann mal bei Regen eine tiefe Spur in den Sand gefahren haben, kann ein anderer, nachdem es getrocknet ist, drüber fahren, die Form bleibt erhalten. Das fährt sich natürlich bescheiden, ich versuche es zu vermeiden. Schlimmer sind aber die Stellen wo man Splitt über den Sand gestreut hat, hier muss man aufpassen, dass man sich nicht mit dem Vorderrad eingräbt, Saugefährlich wenn ein LKW mal nicht weit genug zur anderen Fahrbahn kann und man schnell rutschen muss. Wenn viel Verkehr von vorne kommt gehe ich freiwillig an den Rand und fahre auf der Buckelpiste.
Busfahrer, jedenfalls die meisten, hoffe von euch ist keiner einer, haben das A-Gen, sie machen nicht einen Zentimeter Platz, das ist glaube eine Berufskrankheit. Das Assi-Gen verhindert wohl im Hirn den Befehl >>Bitte etwas rutschen<< Es ist bei der Berufsgruppe in jedem Land, in dem ich jetzt war, das gleichen. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Heute sollte ich die Berge hinter mich bringen, ja ich bin erst einmal durch, aber Russland ist bis jetzt hügliger/ bergiger als ich dachte. Es geht immer mal wieder auf 200 Meter hoch.
Der Tag fing an mit Schmerzen. Muskelkater plagte mich. Nun hatte ich mich aber auch ganz schön ins Zeug gelegt. Am ersten Tag, nach meinem später Start vom Konsulat hatte ich noch fast 100 km gemacht und am 19. dann 140 drann. Heute muss ich auch 140 km machen dann habe ich die Zeit wieder raus.
Am Vorabend hatte ich mir, ganz übermütig, schon ein Zimmer in Perm gebucht. 140 km sitzt du auf einer Arschbacke ab, dachte ich mir so beim buchen. Das Hotel war preiswert und hatte gute Bewertungen, schlag zu bevor die Zimmer weg sind.
Es lief etwas schleppend an, aber die ersten 20 km sind ja schon immer meine Phase zum warm werden, es lief nicht. Egal dann kommst du eben irgendwann in der Nacht dort an, wenn man ein Zimmer hat ist doch alles gut, einziehen, duschen, Bericht schreiben, schlafen.
Womit ich nicht gerechnet hatte, der schmale Randstreifen war weg, ich musste die ganze Zeit auf dem Sandweg fahren, macht sich gut bei Steigungen und mit meinen Augen, ich sehe echt beschissen ob der Sand fest oder lose ist. Mist.
Aber wie hat mein altes, verstorbenes Tantchen immer gesagt: >>Sei froh über das was du hast – was du bekommst weißt du nicht<< wie recht sie mal wieder hatte. Der Wegesrand war sogar ein paar Mal sehenswert, über viele Kilometer Löwenzahn, Peter Lustig hätte sich gefreut. Interessant war auch, dass man am Wegesrand Stationen mit Ärzten hat. Sie liegen an der Hauptschlagader der Region der E22. Ich habe vor kurzem einen Bericht gesehen, in noch entlegenere Gegenden fährt im Winter ein Zug, dieser hat alles an Bord um die Menschen in den schärfsten Winkeln zu behandeln.
Ich schrieb ja; >>Was du bekommst weißt du nicht<<. Die Stecke, ohne den Randstreifen, maß etwa 60 km, ich hasste jeden Meter, einfach nur Anstrengung pur. Doch jetzt kam es dick, der Randstreifen war ganz weg, im besten Fall gab es einen Streifen mit losem Sand wo ich schieben konnte, hätte ich bloß nicht das Zimmer gebucht, es war heiß, ich war so und so schon fertig und nun noch Bauarbeiten an einer neuen Straße. Ich teilte mir munter mit allen anderen in den Baustellen die Fahrbahn. Ein paar Leute mochten mich fürs warten bestimmt nicht. An den Stellen wo die Straße schon fertig war, aber noch nicht freigegeben, fuhr ich auf der neuen Straße, nicht schlecht so eine vierspurige Straße für sich. Irgendwann, so nach 20 km war Schluß, die Straße endete in eine vierspurigen Autobahn. Scheiße, ich musste die Straße nehmen, ob ich wollte oder nicht, Es waren noch gut 30 km bis Perm, schneller kann man nicht voran kommen. Wenn man mich wirklich angehalten hätte, hätte ich das gut erklären können, es gab keine andere Möglichkeit.
Das Hotel war relativ schnelle gefunden. Ein Gebäude aus der zerfallenen Sowjetunion, das Hotel befand ich nur auf einer Etage, der siebten. Der Mann unten an der Rezeption, also so eine Art Doorman, er war wohl fürs ganze Haus zuständig, sah mich komisch an als ich auf Englisch fragte ob er deutsch oder englisch sprechen kann. Er sah mich komisch an und gabt mir mit einer ganz feinen Alkoholfahne eine Antwort. Jetzt verstand ich nichts. Ich zeigte meine Buchung, aua, Mist, die war auf Deutsch. Ich fragte nach dem Namen vom Hotel, jetzt verstand er was ich wollte. Er zeigte mir draußen ein Schild, >>Ja,ja,ja<< sagte ich. Wir gingen wieder rein und er suchte die Nummer vom Hotel, Naja, sein Buch, was vollgeschrieben war mit allem möglichen, sah nicht besonders übersichtlich aus. Er fand die Nummer nicht. Ich solle mal hier warten, er ist in einer Minute wieder da. Er fuhr hoch, kam wieder runter und alles war schön. Nun musste ich nur noch hoch. Er gib mir zu verstehen, dass der Lift klein ist und das mit dem Rad nicht geht, ich sagte doch und deutete ihm an, dass ich das Rad hochkant nehme. Gesagt getan, die Tür ist nur zu schmal gewesen ich kam mit den Taschen am Rad nicht durch. Er hielt mein Rad und die Tür die immer wieder zu ging und ich hielt mit einer Hand die Hinterbremse, damit das Rad stehen bleibt, und versuchte meine Taschen von hinten ab zu machen. Das Vorderrad ging mit Taschen in der Höhe gut rein. Die hinteren Taschen hingen, die Tür ging immer zu und wir kamen nicht vor, nicht zurück. Die hinteren Taschen mussten ab, ich zog wie wild dran, eine ging gut ab, bei der anderen ist eine Verriegelung abgebrochen, noch ein Teil was ich neu brauche. Zum Glück halten die Taschen auch so. Habe jetzt nur einen Klettverschluß als Verbindung zwischen Halterung und Gepäckträger gemacht, damit die Tasche nicht raushopst, wenn ich mal durch ein Loch fahre.
Die Dame oben an der Rezeption sprach auch nur russisch, egal, es ging auch so. Alles klar gemacht fürs Frühstück, Schlüssel und gut. Duschen, Bericht schreiben und schlafen wie ein Murmeltier….
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