22. & 23. Juni / Inklusion braucht Aktion Tour 2016 / Finnland / High noon

Was für Tage lagen hinter mir; Regen, Wind und Kälte. Viele Begegnungen mit anderen ¨Verrückten¨ die sich mal eben in den Kopf gesetzt hatten ganz nach Norden zu fahren. Ich konnte mit einigen sprechen und viele hatten die gleichen Probleme und Freuden wie ich. Am besten bei den vielen Gesprächen fand ich die Parallelen beim Essen zu mir. Einer der Radler erzählte mir, dass er sich eigentlich immer gesund ernährt, hier auf der Tour aber Unmengen von Schokolade in sich stopft und gar nicht mehr aufhören kann. Ich bestätigte dies und sagte ihm er müsse sich keine Sorgen machen. Der Körper braucht Brennstoff, er leistet hier gerade etwas ganz Starkes. Wer fährt schon den halben Tag gegen den Wind an und das auch noch bei nicht einmal 4°C. Er meinte, dass es hier so kalt ist, dass er die Schokolade kaum beißen kann, sie sei knochenhart. Irre, genau die Situation hatte ich kurz vorher. Eine etwas komische Welt, wo eine Zeit lang fast immer die Sonne am Himmel ist, wenn man sie sehen kann, wenn mal keine Wolken da sind, und es dann wieder ewig dunkel ist. Es ist kein Wunder, dass hier nichts wächst.

Ich fühlte mich in eine andere, unbekannte Welt versetzt, nach Düsterwald – Mittelerde wo  Sauron  herrscht. Oder zu Jon Schnee auf die Schwarze Festung. Orte wo das Leben unwirklich und hart ist. Die Menschen da oben im Norden waren sehr freundlich doch auch irgendwie sehr streng in ihrem Auftreten. Aber dies muss man wohl um dort zu überleben.

Ich komme jetzt langsam wieder in Regionen wo Bäume wachsen, wilde, bunte Blumen am Wegesrand stehen. Viele Bäume treiben noch verhalten aus aber die Natur setzt sich auch diesen Bedingungen entgegen.

Ich konnte dies alles ein paar Tage ertragen doch ich könnte hier nie leben. Die Umgebung ist schön aber es ist mir zu lange düster. Unter Frühling und Sommer stelle ich mir mehr Farben und Insekten vor. Und bei Insekten denke ich nicht nur an Mücken, die sind hier mehr als genug. Lüstige Hummeln die trotz ihrer Statue fliegen können. Eigentlich geht das wohl nicht, wurde mal von einem berechnet. Die Flügel sind viel zu klein. Hummeln zeigen, dass man nicht auf alles hören soll was so erzählt wird. Neben Eseln, meine Lieblingstiere. sympathisch und eigensinnig.

Mit dem Grün kam der erste Tag ohne Regen, wie man sich über solche Dinge freuen kann. ¨Natürlich¨ sind bei solchem Wetter auch wieder Radler zum Nordkap unterwegs. Man wartet nicht auf Regen.  Einer war aus Wernigerode – Ein toller Ort, mit einer Eisenbahn die direkt auf den Brocken fährt. Der Weihnachtsmarkt ist fantastisch. Kleiner Reisetipp für nen paar Tage frei vor Weihnachten. Lohnt sich wirklich !! Ich gab auch ihm eine Karte von mir und bat ihn mir von seinen Erfahrungen zu berichten. Ich möchte echt so viele wie möglich nach ihren Empfindungen fragen über diese Erlebnis.

Der nächste Radfahrer erinnerte mich etwas an meinen Freund Steffen, immer gute Laune und einen Spruch auf den Lippen. Viele Grüße Stippi!! Eigentlich würde ich jetzt sagen >>Na ein Berliner eben<< Aber nein ein Österreicher und was für ein Original. Wir redeten und als ich erwähnte, dass ich aus Berlin bin, da erählte er gleich vom Marathon. Ich freute mich und hoffte ihn in meiner Heimat mal wieder zu sehen. >>Nein, nein, da war ich nur einmal<< sagte er. Zu seinem Fünfzigsten hatte er sich überlegt da mal mitlaufen zu müssen. Ja, und jetzt wird er 65 und wollte mal mit dem Rad zum Nordkap. Warum nicht – ein toller Kerl. Er hatte nur eine Tasche dabei, irgendjemand begleitete ihn und suchte schon immer die Unterkünfte und so. Er war am radeln und freute sich Menschen  zu treffen die so komische Ideen hatten wie er. Schade, dass er nicht zum nächsten Marathon in Berlin ist.

Das Bike rollte, besser als am Tag vorher, der Wind hatte leicht gedreht und traf mich nun von der Seite. Eigentlich ok, wenn die Straße nicht gerade wieder einen Knick machte.

Mein Tacho ist jetzt übrigens ganz ausgestiegen. Die letzten zwei Tage hat er mir noch Geschwindigkeiten angezeigt bis 199 km/h und so, und nun sagt er nur noch ¨Transport¨

Ich dachte, dass der Sender nun vielleicht auch eine leere Batterie hat und tauschte sie, doch nichts. Aber dank Googlemaps weiß ich wenigstens wie viele Kilometer ich am Tag mache. Ist trotzdem merkwürdig, man schaut immer hin weil man wissen will wie schnell man nun eigentlich ist. Was ändert das eigentlich?

————————————————————————————————————————-

Gery Cooper kennen wohl die meisten noch, beim Film ¨High Noon¨ werden es bestimmt schon weniger und beim Titelsong werden die meisten resignieren (der Song: https://m.youtube.com/watch?v=QKLvKZ6nIiA)

Als ich in Kolari einfuhr und gleich links zum Bahnhof abbog, schoß mir der Film und die Melodie durch den Kopf:

Do not forsake me, oh my darling
On this our wedding day
Do not forsake me, oh my darling
Wait, wait along …….

Ein neuer Bahnhof der auch noch einigermaßen schick war. Das Cafe im Haus war zu, nur in der Saison offen. Die Schalter waren nicht besetzt, die Rollos waren unten, kein Mensch zu sehen und die Diesellok an meinem Zug der erst am Abend fahren wird lief so vor sich hin. Es war kein Zeichen von Leben, nirgends. Ich war schon versucht laut >>Hallo<< zu rufen, nur mal sehen was passiert. Der riesige Platz hinter dem Zug war voll mit Holzstämmen. Dafür wurde die Strecke bestimmt mal gebaut. Für Pesonenzüge bestimmt nicht, die fahren vier mal die Woche und auch nur an dem Tag ist das Bahnhofsgebäude auf. Ich vermutete, dass der Schaffner und der Lokführer hier morgens ankommen und den Bahnhof aufschließen, sich dann einen gemütlichen Platz suchen und am Abend wieder erscheinen. Ich hatte noch sehr lange Zeit, fünf Stunden. Ich setzte mich als einziger Mensch in den Warteraum und schrieb an meinem Blog und ein paar Mails. Immer wenn ich mich gerade treiben lies, kam mir der arme Gery wieder in den Sinn, wie ihn die Bewohner der Stadt Hadleyville so schändlich hängen ließen und nur seine Frau Amy im wirklich zur Seite stand.

Was für ein Ort…. Totentanz

Etwa zwei Stunden vor Abfahrt trudelten die ersten Gäste ein, ich hatte mir draußen schon ein Ticket am Automaten besorgt, obwohl bei der Abfahrt von Helsinki, vor ein paar Tagen, die Schaffnerin meinte, dies kann man beim Schaffner kaufen. Mir war das zu unsicher, Feiertage wo nichts geht und vielleicht fahren alle nach Helsinki. Es kamen einige Autos mit Kennzeichen aus Norwegen, haben die so weit oben keine Bahn? Warum nicht, in Finnland ist das auch die erste Station und es sind noch ein paar hundert Kilometer bis zur Grenze.

Der Zug war nicht voll, fürs Rad musste ich noch einmal fünf Euro zahlen, wie bei der Fahr von Helsinki. Ich musste mein gesamtes Gepäck abnehmen um das Rad in den Zug zu hieven, der Schaffner bestand drauf. Na gut. Ich denke er wollte das nur weil er mir dann erklärte, dass ich das Gepäck in dem extra Abteil stehen lassen kann, pro Tasche 5 Euro. Ich grinste und versuchte irgendwie alle meine Taschen zu fassen zu bekommen. Er merkte, dass das nichts wird und lenkte ein. Er stellte auf einmal fest, dass ich ja so viele Taschen habe und welche im Gepäckraum lassen kann wenn ich will. Super. Er war später sehr freundlich und hilfsbereit. Vielleicht waren, dies ja eigentlich die Regeln und die Frau auf der Fahrt hier hoch hat dies lockerer gesehen. Es waren nur wenige nach Helsinki unterwegs. Ich erfuhr von Peter, der Mann der mir seine Wohnung zur Verfügung stellt, dass die Stadt wie ausgestorben ist, alle fahren raus, er auch, er hat eine Verabredung mit seinem Bruder, wird aber den zweiten Tag da sein und mir etwas von der Geisterstadt Helsinki zweigen.

Ich schlief nur sehr schlecht in dem Sitz, kann man die nicht anders bauen? oder macht man dies um die Leute dazu zu bewegen, bei der nächste Fahrt den Schlafwagen zu belegen?

Zurück

Einen Kommentar schreiben

Bitte rechnen Sie 9 plus 9.

Partner und Freunde